Published On: 22. Dezember 2024Categories: Aktuelles

Weihnachtsbetrachtung des CV-Seelsorgers

Ihr Hornochsen, warum schaut Ihr zum Himmel?

Während ich dies schreibe, bin ich zu Exerzitien Mitte Oktober im herrlichen Stift Schlierbach der Zisterzienser in Oberösterreich. Oft bin ich während des Tages in der großartigen barocken Stiftskirche, ein Wunder von Bildern und Stuck. An einem der Seitenaltäre entdecke ich am zweiten Tag ein außergewöhnliches Weihnachtsbild: Maria und Joseph und das göttliche Kind, wie gewohnt, vor einem Stall, und über ihnen eine Schar Engel, die Jesu Geburt bejubeln. 

Ungewohnt aber: Während der Esel in die Krippe stiert, schaut der Ochse unverwandt nach oben zu den Engeln. Ganz so, als wolle er denken und sagen, wie gut vierzig Jahre später Stephanus dies tut: Ich sehe plötzlich den Himmel offen!

Das ist für mich Weihnachten: Der Himmel öffnet sich, Gott zeigt sich. Natürlich nicht der Himmel der Naturwissenschaft, den Juri Gagarin im Sinn hatte, als er angeblich im Weltall meinte: Gott habe ich im Himmel nicht gefunden! Nein, diesen Himmel und Rauschgoldengel sieht der Ochse auf dem Weihnachtsbild von Schlierbach nicht! Sondern den Himmel der Ewigkeit jenes Gottes, der jenseits und über den Zeiten und unserer erfahrbaren Welt lebt und sich in eigener Gestalt des fleischgewordenen Sohnes dieser Welt zeigt und offenbart. Und der sich seitdem in jedem Menschen offenbart, und in der Lebensgeschichte eines jeden Menschen.

Der Ochse ähnelt den Aposteln bei der Himmelfahrt Jesu am Anfang der Apostelgeschichte (Apg 1,1-11). Sie schauen dem entschwindenden Herrn nach und denken: Entzieht sich der Herr unwiderruflich ins Jenseits und lässt uns hier heimatlos zurück, so wie einst Mose im Angesicht des gelobten Landes, das er nie betreten durfte, zurückgelassen wurde und starb?

Und die Engel – exakt jene vom Weihnachtsbild in Schlierbach – müssen den Aposteln zurufen: Ihr Hornochsen, was schaut Ihr zum Himmel? Dieser Jesus wird wiederkommen, aber nur, wenn Ihr seine Wiederkunft vorbereitet und fördert (!), ermuntert und aufgeschreckt durch Weihnachten und das Kind in der Krippe.

Das ist für mich Weihnachten: Wie der kluge Ochse den Himmel offen sehen, Gott und seiner Liebe glauben, die irdische Welt für Gott und den Menschen bewohnbar zu machen. Der Ochse schaut die Engel im Himmel und meint: Es ist Zeit, an Gottzu denken! Damit der Himmel sich öffnet und uns näher kommt.

Peter Schallenberg (Cp), CV-Seelsorger (Quelle: ACADEMIA)

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